Zweistellige Zuwächse zeigen: Outplacementberatung erfreut sich in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Ein findiger Outplacement-Anbieter hat bereits 2001 die Freisetzungsunterstützung auf die virtuelle Bahn gebracht. Was kann die Beratung auf Distanz leisten?
Dem Begriff Outplacement hängt in Deutschland immer noch ein Beigeschmack nach Massenentlassungen und Kompensationsleistung an. Zu Unrecht, denn Outplacement bietet wichtige Hilfestellungen für Arbeitnehmer, die aus dem etablierten Berufsleben heraus mit dem ungewohnten Bewerbungsprozess, der aktuellen Arbeitsmarktlage und nicht zuletzt dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes konfrontiert werden.
Outplacement für tarifliche Mitarbeiter
Im Einzel-Outplacement erarbeitet ein entsprechend geschulter Personalberater im Falle der drohenden Entlassung mit seinem Klienten berufliche Perspektiven, hilft beim Abbau der Sorgen und Ängste und unterstützt bei der Bewerbung. Dafür wird dem Freigestellten auch schon mal ein eigenes Büro mit Internetzugang und Sekretariat zur Verfügung gestellt. Die Bilanz kann sich sehen lassen: 96 Prozent der Beratenen finden dank Outplacement-Betreuung den Weg zurück in die Festanstellung; dabei dauert die Vermittlung laut dem Bundesverband deutscher Unternehmensberater (BDU) im Schnitt fünf Monate. Die teure Maßnahme – ab 10.000 Euro aufwärts – wird aber in der Regel nur für gehobene Führungskräfte eingesetzt.
Doch Outplacement ist längst kein elitäres Konzept mehr. Für 2001 schätzt der BDU die Zahl der durchgeführten Einzeloutplacements für gehobene Führungspositionen auf 1600 – im Bereich der tariflichen Mitarbeiter wurden aber schon weit über 13.000 Kandidaten mittels Gruppenoutplacements in neue Positionen vermittelt. Dabei berät ein Outplacement-Berater eine Gruppe von maximal 20 Teilnehmern.
eOutplacement – Individuelle Beratung zum Gruppentarif?
Das Hamburger Unternehmen JobHUNT-INC.COM unter der Leitung von Christian M. Böhnke geht noch einen Schritt weiter und setzt als erstes deutsches Unternehmen „komplett auf E-Outplacement“, so Annette Horst, Senior Partnerin in dem Unternehmen. Der Vorteil des Fernkontaktes liegt laut Outplacement-Beraterin Annette Horst darin, trotz geringer Kosten eine durchgehende individuelle Betreuung gewährleisten zu können: „Beim Gruppenoutplacement kann man Beträge zwischen 2000 und 5000 Euro pro Teilnehmer erwarten.“ Auf diesem Niveau lägen auch in etwa die Kosten für das E-Outplacement, das aber „nicht als Frontalunterricht in Seminarform stattfindet, sondern im persönlichen Gespräch dem Betroffenen individuelle Betreuung bietet“.
Dem widerspricht allerdings Jörg Murmann, Referent des Fachverbandes Outplacementberatung im BDU: „Auch im Gruppen-Outplacement müssen individuelle Beratungsleistungen gewährleistet sein“. Andernfalls leide die menschliche Komponente der Beratung. Outplacement per Netz und Telefon, so fürchtet er, „vermindert die Intensität der Betreuung und Kommunikation“. Gerade in der psychologisch nicht leicht zu handhabenden Entlassungssituation sei der direkte Kontakt zu einem menschlichen Gegenüber nicht
ersetzbar.
eOutplacement als Ergänzung
Während der BDU sich skeptisch zeigt, wird das Konzept andernorts positiver bewertet. So setzt etwa
Outplacement-Berater Lee Harrison die Beratung per Telefon und Internet schon seit Jahresfrist zur Unterstützung von Führungskräften ein. „Natürlich stößt die virtuelle Beratung schnell an ihre Grenzen, wenn der Betroffene nicht über ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten verfügt – schließlich muss er dem Berater seine Probleme, Fähigkeiten, Schwächen und Vorstellungen präzise vermitteln können. Andererseits sind dies Eigenschaften, die bei einer Führungskraft in der Regel zum Positionsprofil gehören“, erläutert Catrine Schwierz, Geschäftsführerin für Deutschland.
Professor Dr. Manfred Bornewasser, Pyschologe an der Universität Greifswald, bestätigt diese
Wahrnehmung: „In der Beratungspraxis gehören telefonische Interviews schon lange zur Praxis, wirklich
negative Erfahrungen gibt es kaum.“ Es sei jedoch schwieriger, sich einen Eindruck von der
Persönlichkeit des Klienten zu machen, oder auf konkrete Probleme zu zugehen. „Am Telefon fehlt ein
gutes Stück Intensität“, so der Fachmann. Ein direktes Gespräch biete mehr Details, und für den Berater
größere diagnostische Möglichkeiten. Um gezielt problematische Informationen abzufragen, empfiehlt er
eine Mischung aus Telefon und Blickkontakt.
Vom Outplacement-Berater zum Abwickler
Annette T. Horst hingegen verweist auf die sich verändernde Wahrnehmung der Freisetzungssituation. „Der Verlust des Arbeitsplatzes wird angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen nicht mehr so intensiv wie früher als persönliche Katastrophe und Gesichtsverlust wahrgenommen, sondern schlicht als wirtschaftliche Gefahr.“ Daher sei eine psychologische Krisenbetreuung in viel geringerem Ausmaße gefordert als noch vor wenigen Jahren. Es gehe vielmehr darum, den Betroffenen praktisch zu unterstützen. „Und das kann ein speziell ausgebildeter Berater eben so gut am Telefon oder per Internet wie im direkten Gespräch“, argumentiert die eOutplacement-Beraterin.
„Im Gegensatz zur klassischen Outplacement-Beratung nehmen wir dem Kandidaten deutlich mehr
Schritte ab, etwa bei der Optimierung der Bewerbunsunterlagen, aber auch bei der gezielten Recherche
nach Positionen. Wir sehen uns in einem geringeren Maße als Bewerbungstrainer und stärker als
Dienstleister für die Abwicklung der aktuellen Bewerbungssituation, als im Einzeloutplacement üblich“, so
Horst weiter. Auf die Frage, wie erfolgreich die in der Regel auf 12 Monate begrenzte Betreuung sei,
bleibt die Beraterin vage. „Mangels Branchen übergreifender Referenzwerte möchten wir keine genauen
Zahlen nennen.“ Der Erfolgsfaktor liege aber irgendwo zwischen Gruppen-Outplacement und Einzel-Outplacement.
Schlagwörter: eOutplacement, Outplacement, Personalabbau